Atherosklerose: Prognosetools sollen Krankheiten frühzeitig erkennen

Künstliche Intelligenz als Basis für flächendeckende Vorsorge

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sind weltweit die häufigste Todesursache und schränken die Lebensqualität der Patient*innen oftmals enorm ein. Daher haben die Prävention und die Früherkennung einen besonders hohen Stellenwert, um nicht zuletzt auch das Gesundheitssystem zu entlasten. Wissenschafter*innen der Med Uni Graz in Kooperation mit der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) nutzen nun gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen Methoden der künstlichen Intelligenz (KI), um Tools für Risikovorhersagen aufgrund von Gesundheitsdaten high-end (Höchste Qualitätsstufe Anm. d. Red.) weiterzuentwickeln und flächendeckend verfügbar zu machen.

Atherosklerose: „stille“ Erkrankung mit weitreichenden Folgen

Die Atherosklerose ist die häufigste krankhafte Veränderung der Arterien, die durch ein chronisches Fortschreiten sowie durch Verhärtung, Verdickung, Elastizitätsverlust und Verengung der Gefäße gekennzeichnet ist. „Da die Atherosklerose lange keine Symptome hervorruft, bleibt sie oftmals unentdeckt und kann so schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle hervorrufen“, beschreibt Peter Rainer, Klinische Abteilung für Kardiologie der Med Uni Graz. Somit kommt der frühzeitigen Identifizierung von Personen mit hohem Risiko, an Atherosklerose zu erkranken, große Bedeutung zu, um rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen ergreifen zu können. „An sich gesunde und symptomfreie Personen haben oftmals keinen Zugang zu herkömmlichen Methoden der Risikovorhersage, womit die Atherosklerose lange unentdeckt bleiben kann“, skizziert Peter Rainer die Situation.

Prognose: künstliche Intelligenz zur Risikovorhersage

Das Ziel des neuen internationalen Forschungsprojektes „Predicting Cardiovascular Events Using Machine Learning“ (PRE-CARE ML) liegt daher darin, die oftmals in großer Menge vorliegenden, aber ungenutzten Gesundheitsdaten zur Risikovorhersage von kardiovaskulären Ereignissen verwenden zu können. Mit zunehmender Digitalisierung werden diese Daten immer umfangreicher, können aber mit konventionellen Methoden nicht ausreichend analysiert und genutzt werden. Tools zur Risikovorhersage auf Basis von künstlicher Intelligenz können hier Abhilfe schaffen und es gilt, sie weiterzuentwickeln und flächendeckend verfügbar zu machen. Dazu haben sich unter der Projektkoordination von Peter Rainer (Med Uni Graz) gemeinsam mit Diether Kramer, Stefanie Jauk (KAGes) und Werner Ribitsch (KAGes/Med Uni Graz) Wissenschafter*innen vom Karolinska Institutet in Stockholm, dem Hasso-Plattner-Institut in Potsdam und der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, der Universität São Paulo, Brasilien, und der Universität Maribor, Slowenien, zu einem hochkarätigen internationalen Konsortium zusammengeschlossen, um gemeinsam an der Entwicklung leicht zu bedienender zuverlässiger Tools für die Risikovorhersage zu arbeiten.

Forschungsziel: Prognosetools mit flächendeckender Verfügbarkeit

Medizinische Informationen werden zunehmend digitalisiert, wodurch riesige Mengen an elektronischen Gesundheitsdaten zur Verfügung stehen, die für die Risikovorhersage zugänglich sind. Herkömmliche Ansätze scheitern jedoch daran, diese Daten vollständig zu verarbeiten und für medizinische Fragestellungen und Prognosen nutzbar zu machen. „Hier haben wir uns im Projekt PRE-CARE ML gemeinsam zum Ziel gesetzt, mit Methoden der künstlichen Intelligenz moderne Risikovorhersagetools zur Früherkennung von Personen mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu entwickeln“, nennt Peter Rainer das Forschungsziel. Dafür greifen die Wissenschafter*innen auf ihre bisherigen Erfahrungen in der Verwendung von maschinellen Lernalgorithmen zur Risikovorhersage zurück, um anschließend im multidisziplinären Konsortium an deren Weiterentwicklung zu arbeiten und die Modelle über verschiedene Krankenhausnetzwerke und Bevölkerungsgruppen hinweg zu validieren und weiterzuentwickeln.

„In unserem Projekt arbeiten wir eng mit Krankenanstalten zusammen, um unsere Modelle in deren Informationssysteme integrieren zu können und die Auswirkungen auf den Krankenhausalltag zu bewerten“, so der Experte der Med Uni Graz. So wurden zum Beispiel bereits wesentliche Vorarbeiten durch das Data Science Team rund um Diether Kramer (KAGes) geleistet und die Anwendung von KI-basierter Risikoprädiktion wird zurzeit gerade im Landeskrankenhaus Murtal getestet. Schließlich werden sich die Wissenschafter*innen mit effektiven Strategien der Kommunikation befassen, um Verhaltensänderungen bei Patient*innen zu bewirken und insbesondere auch die Annahme eines Risikoprädiktionstools durch behandelnde Kolleg*innen in Krankenanstalten und im niedergelassenen Bereich zu gewährleisten.

Für die Wissenschafter*innen ist das Leitziel klar definiert – Mortalität der weltweit führenden Todesursache und Verlust von gesunden Lebensjahren bzw. Lebensqualität durch kardiovaskuläre Ereignisse zu reduzieren.

Die Projektlaufzeit wird 36 Monate betragen, das gesamte Projektvolumen liegt bei 924 000 Euro.

Weitere Informationen und Kontakt:

Assoz.-Prof. PD DDr. Peter Rainer

Medizinische Universität Graz

Universitätsklinik für Innere Medizin

Klinische Abteilung für Kardiologie

E-Mail: peter.rainer@medunigraz.at